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Römer Lexikon A-Z

Der römische Magistrat: Sache der Tradition

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Holzschnitt-Vignette, die Cicero beim Schreiben seiner Briefe zeigt. Das Bild ist ein Detail aus Seite 329 von Ciceros Epistulae ad familiares („Briefe an seine Freunde“) in einer frühen, 1545 von Hieronymus Scotus (alias Girolamo Scoto) in Venedig gedruckten Ausgabe. Auf dieser Seite beginnt Buch IX der Epistulae.

Der römische Magistrat

In Rom gab es keine schriftlich fixierte Verfassung. Einzig die über Jahrhunderte lang ausgeübte Tradition wirkte sich stark normierend aus und schuf Kontinuität.

Das mos maiorum, der Brauch der Vorfahren, bestimmte die Sitte, dass die römischen Beamten für ein Jahr vom Volk gewählt wurden. Während der römischen Königsherrschaft gab es keine Magistrate und sie waren dem König untergeordnet. Die meisten römischen Ämter wurden im Lauf der römischen Republik geschaffen.

Der römische Magistrat entsteht: Beamte im Lauf der Zeit

Was heute Beamte sind, war zur alten römischen Zeit so etwas wie Hilfspersonal. Sie wurden als Magistrate oder Oberbeamte bezeichnet. Meist handelte es sich um politische Ämter, die selten nach Qualifikation, sondern nach gesellschaftlichem Stand, Vorfahren und persönlichem Einfluss gewählt wurden. Gehörte man nicht der Oberschicht an, gab es kaum Möglichkeiten in eines der Ämter gewählt zu werden – solche, die es dennoch schafften, wie etwa Marcus Tullius Cicero, hieß er homo novus, neuer Mann im Sinne von  Aufsteiger.

Römische Honores – die Ehrenämter der Römer

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Nicht nur der gesellschaftliche Stand, sondern auch das persönliche Vermögen bestimmte die Möglichkeiten, die ein römischer Bürger für die Wahl hatte. Römische Ämter galten nämlich als Honores (Ehrenämter), für die es keinen Anspruch auf ein Gehalt gab.

Nur wenige Tätigkeiten wurden aus dem Aerarium (Staatsschatz) mit einer Ersatzleistung für etwa den Opferdienst vergütet. Das Amt brachte also nicht nur kein Geld, es kostete sogar welches! So waren in der späten Republik etliche Magistrate hoch verschuldet. Einzig durch einen Kriegszug oder durch einen Provinzstatthalterposten konnten sie sich sanieren – ein bekanntes Beispiel hierfür dürfte wohl Gaius Iulius Caesar sein!

Der römische Magistrat: keine Kontrolle vom Volk!

Die römischen Magistrate waren als Inhaber staatlicher Gewalt einzig ihrem Gewissen Rechenschaft schuldig. Innerhalb ihres Amtsbereichs konnten sie nach freiem Ermessen erlassen, was sie für richtig hielten. Auch die verschiedenen Versammlungen konnten sie jederzeit einberufen oder Auspizien einholen. Dem Volk oblag keinerlei Kontrolle über die Tätigkeiten der römischen Magistrate. Die Immunität der Magistrate endete erst mit ihrer Amtsniederlegung. Dann jedoch konnte auch Klage gegen sie erhoben werden, sei es wegen Korruption, Amtsmissbrauch oder Missachtung des Senats. Alle gewählten römischen Magistrate konnten auf eigene Entscheidung jederzeit ohne Begründung ihre Ämter niederlegen.

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