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Römer Lexikon A-Z

Römische Bibliotheken: Antike „Kulturtempel“

Library Congress Washington DC
Auch heute haben viele Bibliotheken die Aura des Kulturtempels: Hier der Lesesaal der Library of Congress in Washington DC; by Carol M. Highsmith via wikimedia commons (free licence).

Römische Bibliotheken waren Tempel der Kultur

Bereits im 4. Jhd. n. Chr. gab es in Rom nicht weniger als 28 öffentliche Bibliotheken! Eine eindrucksvolle Zahl, die jedoch nichts über die Benutzung der Räumlich-keiten aussagt.

Die römischen Bibliotheken wandten sich nämlich damals nicht an eine breite, literarisch interessierte Öffentlich-keit. Diese gab es schlicht nicht, obschon des hohen Alphabetisierungsgrades. Bibliotheken waren in der Antike in erster Linie aufwendig gebaute, architektonisch wertvolle „Kulturtempel“, die in erster Linie der Repräsentation ihrer Erbauer dienten. Die erste geplante Bibliothek in Rom hatte Caesar angeordnet. Durch seine Ermordung kam das Bauwerk nicht zustande. Sein Gefolgsmann Asinius Pollio setzte den Plan kurz nach 39. v. Chr. in die Tat um. Eine Reihe weiterer Kaiser nahm diese kulturpolitische Maßnahme zum Vorbild.

Geräuschvolle Lesesäle in der Antike

Benutzer der öffentlichen römischen Bibliotheken waren vor allem Gelehrte, Literaten und Studierende. Hoch frequentiert dürften die römischen Bibliotheken kaum gewesen sein, zumal es sich um Präsenz-Bibliotheken handelte; die Bücher also nicht ausgeliehen wurden. Die Buchrollen waren in verschlossenen Schränken untergebracht, die in einem mit Büsten von Denkern und Dichtern verziertem Lesesaal standen. Man ließ sich die gewünschte Literatur von den Bediensteten der Bibliothek bringen. Wie sich die Benutzung einer Bibliothek mit dem in der Antike üblichen, lauten Lesen vertrug, ist eine ungeklärte Frage. Wahrscheinlich ging es in den öffentlichen Bibliotheken weit heiterer und geräuschvoller zu als in unseren heutigen Lesesälen.

Papyrusrolle: Das römische Buch

schriftrolle
Antike Schriftrolle.

Das römische Buch war die Papyrusrolle. Der Papyrus kam in Rollen auf den Markt, die aus aneinander geklebten Blättern (kollemata) bestanden. Was räumlich auf einer Papyrusrolle stand, war in römischer Zeit identisch mit der inhaltlichen Einheit „Buch“.

Der lateinische Begriff „liber“ bedeutet „Bast“, weist also auf einen früheren Beschreib-Stoff hin, der durch die getrockneten Blätter der Papyrus-Staude mit der Zeit schließlich ersetzt wurde.

Römische Bibliotheken: Bücher als Rollen

Das Material gab dem Buch seine Form, denn Papyrus kam in aneinander geklebten Blättern als Rollen auf den Markt. Eine Länge von zehn Metern wurde selten überschritten, da dies für den Leser unbequem geworden wäre. Viele volumina (Buchrollen) waren sicherlich deutlich kürzer. Die Höhe der Buchrollen schwankte zwischen 20 und 25 Zentimeter. Beschrieben wurde das Buch nur innen (recto). Das erste Blatt (protokollon) wurde frei gelassen und diente dem Buch als Schutz. Den „Rücken“ der Buchrolle bildete ein dünner Stab, der Nabel (umbilicus), um den herum die Rolle gewickelt wurde. Dieser wurde auf die letzte Seite geklebt. Die Enden des Stabes waren bei dekorativen Bänden farbig bemalt. Als Schutz des Buches diente eine Pergamenthülle. Der Titel (titulus) des Buches wurde meist auf ein an der Rolle befestigtes Pergamentschildchen in auffälligem Rot geschrieben.

Römische Bibliotheken: Aufbewahrung von Büchern

Bücher bewahrten die Römer meist in runden, hölzernen Behältern, Schachteln ähnlich, auf. Erst in der Spätantike konnte sich die und heute bekannte Buchform, der codex genannte Buchblock, gegenüber der Papyrus-Rolle durchsetzen. Als Beschreibstoff löste beim Codex das aus Tierhäuten hergestellte Pergament (membrana) den Papyrus seit dem 4. Jhd. n. Chr. zunehmend ab.

Die kleinste erhaltene Buchrolle enthält übrigens erotische Gedichte! Vermutlich konnte  man solch ein Büchlein schnell in der Tasche verschwinden lassen, wenn man bei der Lektüre nicht überrascht werden wollte …

Library Congress Washington DC

Römische Buchhandlungen

Im antiken Rom war das Argiletum, ein Stadtteil in der Nähe der heutigen Via Cavour, das Zentrum des hauptstädtischen Buchhandels. Ähnlich dem heutigen Schaufenster, machten viele Buchhändler (bybliopolae oder auch librarii) sogar ihre Kunden schon vor dem Laden auf ihre Angebote neugierig: Sie bewarben vor allem an den Türpfosten mit Titelverzeichnissen und Ausstellungsstücken.

Neue Titel wurden augenfällig auf Tischen präsentiert. Sogar damals schon waren Buchhandlungen auch Treffpunkte für literarisch Interessierte und Intellektuelle. Viele Buchhändler waren zugleich Verleger. Einen festen Buchpreis, wie heute, gab es im antiken Rom nicht und es gab auch schwarze Schafe unter den Verlegern und Verkäufern von Büchern, die minderwertige Ware beispielsweise in Mehl wälzten, um das Buch antik erscheinen zu lassen. Auch in anderen Stadtteilen Roms gab es Buchhandlungen und im gesamten Imperium war der Handel mit Literatur so gut organisiert, dass man Bücher wichtiger Autoren zumindest in größeren Städten erwerben konnte.